Russland und der Westen

Russlands neoimperiale Ambitionen und Machtprojektionen unter Präsident Wladimir Putin reichen heute unter anderem von den arktischen Regionen, über das mehr oder weniger direkte Einwirken im laufenden Ukraine-Konflikt (samt der russischen Annexion der Krim, bis hin zur aktiven militärischen Intervention auf Seiten des syrischen Regimes von Bashar al-Assad).[1] 

Das „System Putin“[2] ähnelt heute einem nationalkonservativen autoritären System mit demokratischem Anstrich, welches eher an die jahrhundertealten Traditionen des Zarenreichs anknüpft, als an die untergegangene Sowjetunion, betont etwa der renommierte Russland-Experte Walter Laqueur.[3]Auch wenn der damalige sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow im Zuge der Verhandlungen zur deutschen Einheit nach dem Fall der Berliner Mauer und dem Ende des Kalten Krieges die von ihm geforderte Zusage, dass die NATO nicht weiter an die westliche Grenze (Sowjet)Russlands heranrücken werde, niemals vom Westen erhalten hat (stattdessen aber insbesondere deutsche Wirtschaftshilfe für die bereits wirtschaftlich äußerst angeschlagene UdSSR), arbeitet heute der Kreml intensiv daran, um die Welt vom Gegenteil zu überzeugen.

Das Gefühl des „Belagert-Seins“ vom Westen - infolge der erfolgten NATO- und EU-Osterweiterung bis an die russischen Grenzen heran, zusammen mit den vor allem von den USA propagierten Zielsetzungen, ehemalige Kerngebiete der alten Sowjetunion (nämlich Georgien und schließlich auch die Ukraine[4]) in die westliche Einflusszone zu hieven, hat aber verständlicherweise in Moskau die Alarmglocken läuten lassen. Putin hat – zuerst mit der Georgien-Intervention 2008 – und schließlich in der Ukraine eine Rollback-Politik zu lancieren begonnen, die sich aktuell verstärkt auf das militärische russische Engagement im hochkomplexen syrischen Bürgerkrieg verlagert.[5] Mit Recht kann gesagt werden, dass der Kreml nicht nur in der Arktis Flagge zeigen möchte, sondern insbesondere im „nahen Ausland“ ehemaliger sowjetischer Kernstaaten bzw. Satelliten Moskaus – und auch als alter Verbündeter des syrischen Assad-Regimes. Dazu gehört der Ausbau der russischen Basen (insbesondere an der syrischen Mittelmeerküste), auch wenn Putin inzwischen offiziell den Rückzug eines großen Teils seiner Streitkräfte aus Syrien angeordnet hat.[6]

Die beharrlichen Meinung des 2015 verstorbenen ehemaligen deutschen Bundeskanzlers und elder statesman, Helmut Schmidt, wonach eine stetige NATO-Erweiterung auch um Kerngebiete des ehemaligen Sowjetreichs Moskau zu einer verstärkt antiwestlichen globalen Strategie provozieren würde, hat sich heute letztlich als wahr erwiesen.

Für den Kreml ist eine eventuelle Eingliederung der Ukraine in die Strukturen von NATO und EU das  Überschreiten einer roten Linie, die den nationalen Interessen Russlands zuwiderlaufen.

Wolfgang Taus

 

[1] Katja Gloger, Putins Welt, Berlin Verlag 2015, 352 Seiten. Buchkritik in der Wiener Zeitung v. 30.11.2015: http://www.wienerzeitung.at/themen_channel/literatur/buecher_aktuell/788811_Fuer-Demokratie-wenig-uebrig.html

[2] Siehe etwa: Alena V. Ledeneva, Can Russia Modernise? Cambridge University Press 2013, 327 Seiten.

[3] Walter Laqueur, Putinismus, Propyläen Verlag 2015, 336 Seiten. Buchkritik in der NZZ v. 24.9.2015: http://www.nzz.ch/international/politische-literatur/russische-rollback-strategie-1.18618642

[4] Andrew Wilson, Ukraine Crisis, Yale University Press 2014, 236 Seiten.

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