Sarrazin bezeichnet sich selbst als „Atheist und Agnostiker“, der es für eine moderne offenen Gesellschaft dennoch gut findet, wenn es glaubwürdige und sinnstiftende religiöse Angebote gibt. Mit der Einschränkungen, dass diese den notwendigen Grundkonsens einer demokratischen Gesellschaft nicht stören. Es geht ihm um die Stärkung des Human- bzw. Sozialkapitals in den europäischen Staaten und in der EU selbst.
Sarrazin will bei allem bewussten „provokativen Anecken“ letztlich zum Nachdenken anregen und wendet sich gegen die unterschiedlichen Spielarten „utopischer Politik“, wie er es bezeichnet. Die Offenheit der Zukunft, ihre positiven und negativen Möglichkeiten, könne auch er (Sarrazin) prinzipiell nicht vorausdenken, meint er. Allerdings versucht er für ihn sinnvolle Handlungsoptionen und Spielräume zu ergründen und damit seine Sicht der Dinge dem Leser näherzubringen – ohne dabei in eine bestimmte politische Richtung eingeordnet werden zu können. Sicher, er provoziert mit seinen Äußerungen und holt dabei manchmal deftiger aus. Es wäre aber falsch, deswegen das Buch zu ignorieren. Es ist vielmehr eine gute Gelegenheit für jeden interessierten Leser, sich mit den angeführten Zusammenhängen und statistischen Materialien auseinanderzusetzen und sich darüber seine eigene Meinung zu bilden. Ich denke, dass dies auch im Sinne des Autors ist.
Wolfgang Taus