ZWISCHEN MAKROKOSMUS UND MIKROKOSMOS

Mit Hilfe eines Teleskop-Netzwerks auf der Erde ist es jüngst Wissenschaftlern gelungen, ein schwarzes Loch zu „fotografieren“. Es stammt aus der Galaxie Messier 87, die 55 Millionen Lichtjahre entfernt liegt. Ein Lichtjahr sind knapp 9,5 Billionen Kilometer. Das Bild ist zwar unscharf, aber es ist ein erster Schritt zu noch besseren Ergebnissen und Einsichten.

Ebenso erging es dem Physiker Daniel Whiteson, der zusammen mit dem Illustrator und Comiczeichner Jorge Cham in ihrem originellen Buch versucht hat, „vorletzte Antworten auf die letzten Fragen des Universums“ aus naturwissenschaftlicher Sicht allgemeinverständlich aufzubereiten. Das Ergebnis gleich zu Beginn: „Wir Menschen haben keinen Schimmer“ – über das „Warum“, „Woher“ und „Wohin“. Die moderne Kosmologie arbeitet aber hart daran, schrittweise mehr von den „Sternen da oben“ zu erfahren und setzt alles daran, neben dem Mond als nächsten Schritt auch Astronauten auf den Mars zu befördern. Mit Hilfe modernster Technik gelingt es uns, stetig immer mehr vom Universum zu erfahren - und doch ist dies immer noch ein ganz kleiner Ausschnitt eines „Kuchens“.

Whiteson und Cham gehen auf ernsthaft-humoristische Weise an die Problematik heran. Das Buch versucht gar nicht erst, diese Fragen zu beantworten. Vielmehr beschäftigt es sich mit all den Dingen, die wir Menschen nicht über das Weltall wissen. In Wahrheit sind es „riesige Gebiete“, die es noch zu erforschen gilt, betonen sie. Bei all dem „Nicht-Wissen“ dürfe aber eines nicht vergessen werden: „Das Leben gibt es. Und wir Menschen sind der Beweis dafür“. Allerdings könne damit aus naturwissenschaftlicher Sicht trotz aller möglicher Anhaltspunkte und plausibel klingender Theoriekonzepte nicht entschieden geklärt werden, ob es in den Weiten des Universums von „Leben“ (und damit ist auch intelligentes Leben gemeint) wimmelt oder nicht.

Ob es „Außerirdische“ gibt, ist für Whiteson und Cham genauso ungeklärt. Vielleicht sind wir von uralten außerirdischen Spezies umgeben, die den Kontakt mit uns vermeiden, um unsere natürliche Entwicklung zu beobachten, als befänden wir uns in einem „kosmischen Zoo“. Oder es gibt möglicherweise viele technologisch hoch-entwickelte Zivilisationen außerhalb unserer Erde – und jede lauscht. Womöglich haben „Aliens“ uns aber auch schon besucht und sich dabei sehr verstohlen verhalten. „Alles ist möglich“, so Whiteson und Cham.

Jedenfalls wissen wir heute, dass es rund hundert Milliarden Sterne mit rund zwanzig Milliarde erdähnlichen Planeten – allein in unserer Milchstraße gibt. Doch könnte der Faktor für „intelligentes Leben“ in der uns bekannten Form 1; 0,1; 0,000000000001 oder noch weniger betragen.

Auch die Anstrengungen der Wissenschaft nach einer „Weltformel“ verlaufen „harzig“. Gegenwärtig haben wir Menschen die Vermutung, dass die winzigsten Teilchen, die wir kennen (Elektronen, Quarks etc.), unter Umständen 1015 Mal so groß sein könnten wie die fundamentalen Bausteine des Universums.

Wir können noch nicht einmal mit Sicherheit sagen, dass es überhaupt eine „Theorie von Allem“ im Universum gibt. Das dürfe aber nicht zu Defätismus führen.

Und doch scheint es in rund hundert Jahren möglich, dass die Menschheit die technischen Voraussetzungen geschaffen hat, weit in den Urknall und vielleicht sogar bis zu den Rändern des Kosmos zu blicken. Wir können Vermutungen darüber anstellen, ob der Raum selbst unendlich ist oder ob er sich krümmt wie eine Kartoffel, und diese Annahmen möglicherweise auch verifizieren. Wir sind in der Lage, tief in Protonen hineinzusehen und die Materie auf 99,999999% der Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen. Zudem schicken wir Menschen unbemannte Sonden über die Grenze unseres Sonnensystems hinaus.  -  Doch die Frage des „Warum gibt es das Universum überhaupt?“ muss weiterhin unbeantwortet bleiben.

Die „Universum-Zwiebel“  Bislang ist es immer so, dass jedes Mal, wenn die Forschung eine Schicht der Wirklichkeit entfernen und einen Schritt in Richtung des Kerns der „Universum-Zwiebel“ tut,  dass dann neue und bizarre Strukturen zutage treten, die uns Menschen veranlassen, ganz anders über die fundamentale „Basis“ des Lebens zu denken.

Zu wissen, dass wir im Grunde nicht wissen, woraus 95% des Universums bestehen, oder dass es dort draußen seltsame Dinge gibt, von denen wir kaum eine Ahnung haben (Antimaterie, kosmische Strahlung, die Geschwindigkeitsbegrenzung des Weltalls) könnte zumindest für etwas Beunruhigung sorgen.

Doch aus der Warte der empirischen Wissenschaft müsse an diesem Punkt festgehalten werden, dass damit die Grenzen der Wissenschaft erreicht seien, die man respektieren müsse, halten Whiteson und Cham fest.

 

Hier setzen der Ganzheitsmediziner und spirituelle Denker Deepak Chopra und der Physiker Menas C. Kafatos an. „Vorher“ und „nachher“ in Bezug auf den Urknall sind nur innerhalb des Konzepts der Zeit sinnvoll. So hat man weithin angenommen, dass Raum und Zeit zugleich mit dem Urknall entstanden. Wenn das wahr ist – und das ist nur eine Möglichkeit, keine begründete Annahme -, dann muss die eigentliche Frage lauten: Was war vor der Zeit?

Doch auch „Vor der Zeit“ ist ein Widerspruch in sich selbst. Der Übergang von nichts in etwas zeitigt immer das gleiche Ergebnis: Eine Möglichkeit wird real. Die Physik beraubt diesen Vorgang seinem menschlichen Aspekt und sie tut das mit unglaublicher Präzision, so Chopra und Kafatos. Vibrationen von Quanten kommen aus der Leere und fallen wieder dorthin zurück. Dieser „An-Aus-Zyklus“ der Quanten ist für uns vollkommen unsichtbar. Deshalb muss man die Regeln der stofflichen Schöpfung davon erst ableiten. Man könne ein Fußballstadion nicht mit einem Stethoskop abhorchen, um die Regeln des Fußballs zu erkennen. – Das genau tut die moderne Kosmologie aber mit dem Versuch, den Beginn des Universums zu erklären, meinen Chopra und Kafatos.

Gemeinhin nimmt die Naturwissenschaft an, dass die Objekte im Kosmos vor dem Urknall nicht „existierten“. Aber entstanden Raum und Zeit (bekannt als Raum-Zeit-Kontinuum) zugleich mit ihnen? Die Standardantwort lautet: Ja. Als sich das noch junge Universum ausdehnte, tat es das im „Nichts“. Alle Konzepte von „Vorher“ und „Nachher“, „Innen“ und „Außen“ haben dafür keine Gültigkeit.

Das Wort „existieren“ legt jedoch die Möglichkeit nahe, dass sich Dinge auch ohne Raum und Zeit zutragen. Das Universum ist voller Vibrationen und Wellen, die bereits von Milliarden Jahren ausgesandt worden sind. Sie werden von der Naturwissenschaft gemessen und dann versucht man Schlüsse daraus zu ziehen. So kann uns aber das Licht von rasenden Galaxien oder die kosmische Hintergrundstrahlung als ein Überbleibsel des Urknalls) nichts darüber sagen, wie der Anfang des Weltalls ausgesehen hat.

Wir arbeiten lediglich mit Ableitungen – genauso wie ein tauber Mensch die Wellen in seinem mit Wasser gefüllten Glas betrachtet. Es bleiben also begrenzte Mittel, um den Ursprung des Universums zu deuten.

Die Sprache der Physik ist die Mathematik. Darauf glaubt man sich „zurückziehen“ zu können, in der Hoffnung, dass diese schließlich immer – in welchem Universum wir auch immer leben, gleich sei. Dies ist genauso Spekulation wie die angenommene „ewige Gültigkeit der Mathematik“, so Chopra und Kafatos.

Die Schwelle, an der die Konzepte von Raum und Zeit nicht mehr anwendbar sind, heißt Planck-Skala (nach dem deutschen Physiker Max Planck). Diese ist 100-Trillionstel-mal so klein wie der Atomkern des Wasserstoffatoms. Hier lassen sich drei Konstanten definieren: die Schwerkraft, Elektromagnetismus und Quantenmechanik. Während der Planck-Ära (dem unfassbar kurzen Zeitraum zu Beginn des Urknalls) war die Natur noch nicht als solche zu erkennen. Es fehlten die Konstanten und Kräfte oder waren ganz anderer Art. In der sogenannten „Planck-Dimension“ zeigt sich der Raum als „schaumig“. Ein „Zwischenzustand“ also, wo es noch kein oben und unten gibt.  

Die Frage nach dem, was vor dem Urknall kam, sei vor diesem Hintergrund gleichbedeutend mit der Frage, was der Planck-Ära voranging. Gibt es diese drei Konstanten auch in einer „zeitlosen Variante“ jenseits unseres Universums? Darauf kann die Naturwissenschaft keine endgültige Antwort geben.

„Urknall aus dem Nichts“ oder „beständige Inflation“ ohne Urknall?   Wenn wir Menschen den allerersten Anfang untersuchen, dann ist man versucht, den Zustand des „Davor“ als das „Quantenvakuum“ darzustellen. In der klassischen Physik ist das Vakuum tatsächlich leer. Doch die Quantentheorie besagt, dass das Vakuum keinesfalls „leer“ sei. Es sei voller „Quanten-Zeug“, so Chopra und Kafatos. Das Quantenvakuum ist vollgepackt mit Energie, die sich jedoch nicht im sichtbaren Weltall erkennen lässt. – Damit wäre also ein „Urknall aus dem Nichts“ plausibel.

Doch wäre unsere Welt auch ohne Big Bang möglich? 1984 schlugen Hermann Bondi, Thomas Gold und Fred Hoyle das Steady-State-Modell vor, um die Frage nach dem, was vor dem Urknall war, zu umgehen. Dabei dehnt sich der Kosmos genau wie beim Urknall beständig aus, nur mit der zusätzlichen Bedingung, dass er immer gleich aussieht. Das heißt: Wohin und wie weit zurück man auch blickt, das Universum ist immer gleich. Das würde bedeuten, dass die Entstehung der Materie kontinuierlich während der Ausdehnung der Raum-Zeit vor sich geht. --- Hier steigt die Raum-Zeit „ewig-kontinuierlich“ mit Lichtgeschwindigkeit an verschiedenen Orten wie in einem „kosmischen Schaumbad“ auf.

 

Wie steht es mit Multiversen?  Es ist durchaus denkbar, dass im sogenannten „kosmischen Casino“ der Schöpfer sprudelnd eine Vielzahl von Universen hervorbringt. „Die Würfel fallen laut dieser Theorie „ewig“ und die Regeln dürfen immerfort geändert werden. Tanzen die Multiversen umher wie Bläschen im Mineralwasser? Oder sind sie bloß mathematische Grübeleien des menschlichen Geistes? Gerade die Mathematik und Physik scheinen zum Nachdenken über Parallelwelten zu zwingen. In verschiedenen Multiversen braucht die moderne Kosmologie für die Anfangsbedingungen, die Naturkonstanten und selbst für die mathematisch formulierten Naturgesetze keine Erklärung mehr. Wenn dies wirklich stimmt, dann gäbe es auf Einsteins berühmte Frage, ob das Universum einfach deshalb diese und keine anderen Eigenschaften hat, weil kein anderes Universum möglich ist, eine definitive Antwort: Nein. „Unser Universum ist eben nicht das einzig mögliche“, so etwa der amerikanische Physiker Brian Greene. Es hätte auch andere Eigenschaften haben können. – Der Autor schränkt aber gleich wieder ein, dass es (noch) keine endgültige Antwort der Wissenschaft darauf gibt. Auch er wisse es nicht.

Doch ganz gleich, wie viele Multiversen existieren sollten, es erhebt sich wiederum die Frage nach dem „Davor“.

Wir Menschen müssen uns eingestehen, dass die „unvernünftige Kraft“, wie die Physik sagt, auf den geistigen Ursprung des Weltalls verweise, aus dem auch die Mathematik geschaffen wurde, halten Chopra und Kafatos nicht ganz zu Unrecht fest.

Das Leben selbst wandelt stets auf schmalem Grat zwischen Ordnung und Chaos. Die Feinabstimmung unterstreicht auf jeden Fall, wie eng beide miteinander verbunden sind.

Albert Einstein hat es so formuliert: „Ich möchte Gottes Gedanken kennen, der Rest ist Nebensache“.

Wenn das Bewusstsein/Gott scheinbar in so manchen naturwissenschaftlichen Theorien wie bei Stephen Hawking keine Rolle spielt, dann hänge auch der menschliche Verstand evolutionär am „seidenen Faden“, betonen Chopra und Kafatos. Betrachten wir uns Menschen als zufällige Gewinner im „Casino des Multiversums“, dann hänge unsere Existenz ebenso vom Zufall ab.

Das „menschliche Universum“ Doch wenn es das „menschliche Universum“ gibt, dann muss es auch für jeden individuellen Menschen existieren. Der Titel des Buches von Chopra/Kafatos “Du bist das Universum” sollte dabei durchaus wörtlich verstanden werden: Jeder von uns ist Mit-Begründer einer Realität, die die entferntesten Dimensionen der Raum-Zeit mitbeeinflusst. „Für uns ist das größte Mysterium das, wie der Mensch sich seine Realität schafft – und diesen Akt fortwährend wieder vergisst. Es geht also darum, zu erkennen, „Wer wir wirklich sind“. Die Menschheit lebt in einem „Universum der Teilhabe“.

Alle Lebewesen auf der Erde haben auf jeder Ebene eine Verbindung. Dabei behält jede Stufe ihre eigene Integrität, während sie zugleich mit der nächsten Stufe vernetzt ist. Diese Kooperation oder „kreative Interaktivität“ ist das moderne Äquivalent der religiösen Vorstellung von der großen Kette der Wesen, die besagt, dass Gott alle Ebenen der Schöpfung miteinander verbunden hat. Im nicht-religiösen Kontext spricht man davon, dass sich komplexe Systeme durch das natürliche Verhalten des Bewusstseins organisieren.

Wie oben, so unten – im Makro- wie Mikrokosmos – in jeder organischen Zelle spiegelt sich der Kosmos und damit das kosmische Bewusstsein wider. Unser Geist ist mit dem kosmischen Bewusstsein verschmolzen und nicht etwa nur ein intelligentes physikalisches Objekt.

In diesem Sinne rücken Wissenschaft und Religion wieder näher zusammen, wie es etwa Hans-Peter Dürr dargelegt hat. So sei die moderne Wissenschaft auch nur eine Art „Gleichnis für die Wirklichkeit“ (wie Religion, indem was sie aussagt, letztlich immer in Form von Gleichnissen spricht) und nicht mit der Wirklichkeit an sich verwechselt werden solle.

Eine Welt, in der man die Liebe wegnimmt, ist nur ein aufgewickelter Faden und nicht das Wollknäuel selbst“. (Hans-Peter Dürr 1929-2014)

 

Jorge Cham / Daniel Whiteson, No Idea – Keine Ahnung! – Vorletzte Antworten auf die letzten Fragen des Universums, C. Bertelsmann 2018, 464 Seiten.

Deepak Chopra / Menas Kafatos, Du bist das Universum – Entdecke dein kosmisches Selbst, Irisiana 2018, 304 Seiten.

Impressum

Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz

Medieninhaber und Herausgeber:
Mag. Dr. Wolfgang Taus
Vogelsanggasse 15
A-2540 Bad Vöslau
066473609031
office@wolfgang-taus.com
Website: www.wolfgang-taus.com

HAFTUNGSAUSSCHLUSS

Der Inhalt der Website unterliegt sorgfältiger Erarbeitung. Mag. Dr. Wolfgang Taus kann jedoch keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der bereitgestellten Inhalte geben. Die Nutzung der Inhalte der Website erfolgt auf eigene Gefahr des Users.
Die Texte, Grafiken, Fotos sowie das Layout sind urheberrechtlich geschützt. Eine öffentliche Verwendung einzelner Inhalte darf nur unter Rücksprache von Mag. Dr. Wolfgang Taus unter Nennung der Quelle erfolgen. Eine Verlinkung auf die Homepage WOLFGANG TAUS – HINTER DEN KULISSEN ist natürlich ohne weiterer Genehmigung möglich.
Auf die Inhalte etwaiger verlinkter externer Seiten hat Mag. Dr. Wolfgang Taus keinen Einfluss und kann für diese auch nicht zur Verantwortung gezogen werden.