In der hektischen Außenwelt, die von Anpassung, gesteigertem Leistungsdenken und äußerer Anerkennung - mit dem Ziel eines anvisiertem materiellen "Wohllebens" geprägt ist, zerbrechen oftmals Menschen. Diese Prägungen beginnen in der frühesten Kindheit, die ein Kleinkind an die äußeren Gegebenheiten (Familie, Freunde, Kindergarten, Schule, Fachhochschule, Lehre oder Universitätsstudium) der Welt "ausrichten". Es handelt sich dabei - sozialpsychologisch betrachtet - um eine "gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit" in der jeweiligen Zeit- und Zivilisationsepoche der Menschheit auf allen Ebenen des materiellen Seins. Die dabei entstehende Überbetonung unseres Verstandesdenkens führt aber oftmals zu Erwartungs- und Versagensängsten bei entlang dieser Erziehungsparameter konditionierten Menschen. Diese Personen entwickeln vor diesem Hintergrund physische, aber vor allem psychische Krankheiten ("Burn Out"-Syndrom) angesichts so mancher harter Lebenswirklichkeiten.
Ein "In-Sich-Hineinfühlen" Ein "In-Sich-Hineinfühlen" - Was braucht mein Körper, mein Geist, ja meine Seele, um zur Ruhe zu kommen und das "dröhnende, ständig laufende Räderwerk meiner Gedanken", die sich um immer wiederkehrend Sorgen und Minderwertigkeitsängste privat, beruflich oder gesellschaftlich drehen, zu unterbrechen. Das kann jeder Mensch, wenn er zuerst einmal in Sich hineinfühlt. Die jeweilige Lebenssituation anzunehmen - und nicht brüsk von sich zu weisen, ist der Königsweg auf dem Weg zur ganzheitlichen Heilung. Auch wenn ich es vorerst nicht verstehe, warum diese und jene Situation eingetreten ist, so ist es dennoch das Wichtigste, zur geistig-seelischen Ruhe zu kommen. Um dies zu erreichen, gibt es seit jeher viele mentale Übungen.
Ein physischer Körper wird aufgegeben, wenn statt Freude und Motivation nur noch Schmerz und Demütigung von ihm ausgehen. Unter diesen Umständen weigert sich der Mensch, ihn zu akzeptieren und sich mit ihm zu identifizieren. Der Körper als "unaufgeräumter Ort unterdrückter Gefühle".
"Ich höre, also bin ich!" - In Abwandlung von René Descartes Postulat "Ich denke, also bin ich!" ging der deutsche Musiktheoretiker Joachim-Ernst Berendt davon aus, dass am Ende der "hörende Mensch" es ist, der behutsam nach innen lauscht und dadurch empathisch und erlebnisfähig wird, anstatt allein nur im Außen nach Halt zu suchen.
"Das Ohr ist der Weg!" lautet das grundlegende Weisheitswissen der uralten indischen Upanischaden. Diese jahrtausendealte Erfahrung besagt, dass das Ohr uns auf den inneren Weg bringt, um möglichst ein Aha-Erlebnis beim einzelnen Menschen im Erkennen individueller, hintergründiger, tiefenpsychologischer Wahrheitszusammenhänge auszulösen. Erst im "Erkennen" dieser Zusammenhänge können tief sitzende "Altlasten" (Glaubenssysteme, Zwänge, Ängste) losgelassen werden. Erst dann kann umfassende innere und äußere Heilung am Menschen, das heißt, "an Leib und Seele" geschehen.
Im Erkennen des "psychischen Ballasts" - sich davon "lösen" - dann kann "Er-Lösung" und damit Heilung an Körper und Geist eintreten Aus dem Leitsatz "Ich höre, also bin ich!", der sich im Einatmen widerspiegelt, wird dann im "erlösenden Ausatmen" gleichsam daraus "Ich liebe, also bin ich!".
In den spirituellen Botschaften unterschiedlicher Weisheitslehren menschlichen Daseins ist ganz viel vom Hören, von Stille und vom Schweigen die Rede. "Höre, so lebt deine Seele!". Im Juden- und Christentum; im Islam; im Hinduismus und Buddhismus; in Tibet und im Zen; bei den Schamanen in Sibirien oder in Afrika; bei den Indianern; im polynesischen Raum: Das Hören aus der Stille steht immer wieder im Mittelpunkt, um ganzheitliche Heilung auf den Weg zu bringen.
Was wir "dann" hören... Das, was wir "dann" hören, wird mit dem Göttlichen in Verbindung gebracht. Für die Inder ist es das "Atman", das Höhere Selbst. Zen nennt es den "Buddha-Geist", den "Buddha in dir". Die christliche Mystik nannte es den "Christus in dir". Viele spirituelle Meister von einst und jetzt sprechen von "Gott in dir". Für die Transpersonale Psychologie ist es das Höhere Selbst; für andere der Beobachter, der Zeuge.
Bei Immanuel Kant hat "nur der wahre Glaube an die praktische Gültigkeit der Idee einer vollkommenen Menschheit moralischen Wert". Anders ausgedrückt: "Durch das Absterben des alten Menschen, der aufrichtige Reue zeigt, entsteht der neue geläuterte Mensch. Bei dieser Auffassung der Erlösungslehre im christlichen Denken darf in der "gänzlichen Herzensänderung" so etwas wie auf der Seele lastendes Schuldbewusstsein beim einzelnen Menschen letztendlich losgelassen werden. (Johann Eduard Erdmann, "Die Entwicklung der deutschen Spekulation seit Kant", Faksimile-Neudruck der Ausgabe Leipzig 1834-1853, Stuttgart-Bad Cannstatt 1977, S.226.) Die "innere Umkehr vom Bösen zum Guten" kann letztendlich Heilung gelingen lassen, indem die "Seele von Schuld und Scham befreit" wird, wie es Heinz-Peter Röhr in seinem 2023 erschienenen Buch "Wie Heilung gelingt" beschreibt.
Wolfgang Taus