Die Zukunft des Euro

Der EuroEuropäisches Projekt in der Krise  Die Flüchtlingsströme nach Europa des Jahres 2015/2016 haben die bisherige finanzpolitische Krise Griechenlands bzw. die nunmehr auch finanzpolitischen Schwächezeichen Italiens und damit die fragile Stabilität der Euro-Zone zwischenzeitlich in den Hintergrund gedrängt. Dazu kommt das Gefühl mangelnder Verbundenheit zwischen den Mitgliedstaaten in der Frage der Umverteilung der Flüchtlinge in der EU und das hohe Ressentiment-Mobilisierungspotenzial, wie es sich etwa in Ungarn und nun auch in Polen unter der dortigen national-konservativen Regierung bemerkbar macht. Die Eurokrise bleibt zudem virulent. 

Der Euro - mehr als eine europäische Währung  Der Euro sollte von Beginn an mehr  sein als eine europäische Währung. Er verkörpert gewissermaßen die Vision eines vereinten Europas in Frieden und Wohlstand, so wie es etwa der deutsche Kanzler der Einheit, Helmut Kohl, immer vertreten hat. Doch das Fehlen einer gemeinsamen Steuerpolitik und damit eines europäischen Bundesstaates haben die Eurozone in eine tiefe Krise gestürzt. Harte Budgetbeschränkungen sind wie Bremssysteme im Auto, erklärt etwa der deutsche Wirtschaftswissenschafter Hans-Werner Sinn. Wenn man bergab fährt, ist es sicher verlockend, den Wagen einmal laufen zu lassen, statt abzubremsen, doch die Konsequenz einer solchen Fahrweise ist die „Vollbremsung“, wenn nicht gar der „Unfall“. Unter dem Euro hat die Euro-Zone eine Phase weicher Budgetbeschränkungen durchlebt. „Der Wagen raste ungebremst voran und auch heute traut sich der Fahrer nicht, energisch auf die Bremse zu treten“, so Sinn. Einige wollen sogar, dass die Fahrt ungebremst weitergehen würde. Sie fordern Eurobonds, eine Sozialisierung der Bankenschulden, eine Fiskalunion, eine europäische Arbeitslosenversicherung, eine gemeinsame Versicherung der Bankkonten und andere Maßnahmen zur weiteren Lockerung der Bremsen. Damit würden sie ähnliche „Unfälle“, wie die jungen USA bereits im 19. Jahrhunderts erfahren mussten, provozieren, meint Sinn.

Historische Parallelen  Damals in den 1820er Jahren begannen die US-Bundesstaaten handelbare Staatsanleihen auszugeben, die den Vorteil niederer Zinsen brachten. Die Folge war, dass die Schulden rasant anstiegen. Das rasch verfügbare Geld wurde in neue Infrastrukturprojekte wie Straßen, Kanäle und später auch Eisenbahnen gepumpt. Speziell in den südlichen Bundesstaaten gab es einen zusätzlichen Finanzbedarf, weil man den Eigentümern der neu gegründeten Privatbanken Kredite gab, mit denen sie das notwendige Eigenkapital einzahlen konnten. Die Schulden türmten sich in der Folge so stark auf, dass die entstandene Blase 1837 platzte. In Panik erwarb nun der US-Bundesstaat viele der maroden Staatsanleihen der Einzelstaaten, um deren Kollaps zu verhindern. Doch umsonst. Insgesamt hatten neun der im Jahr 1842 existierenden 29 Bundesstaaten Konkurs angemeldet und mindestens vier waren insolvent oder knapp davor. Die wachsenden Spannungen entluden sich letztlich im Sezessionskrieg (1861-65). – Eine mehr als ernste Mahnung für alle in Europa, „die das Rad neu erfinden“ wollen, so Sinn. Die USA jedenfalls zogen die Konsequenzen aus diesen bitteren Erfahrungen. Ein jeder US-Bundesstaat muss seither für seine Schulden selbst aufkommen. Das Prinzip der Selbstverantwortung und des Beistandsverbots wurde zum Eckpfeiler der Staatsfinanzen der USA, das auch Europa dringend nötig hätte, meint Sinn. Damit bleibe der Konkurs eines Bundesstaates stets möglich und bestraft die Gläubiger der Staaten sowie jene Bürger, die von Staatsgeldern abhängig seien. Wie könnten Lösungen aussehen, um die Eurozone trotz Brexit zu stabilisieren?

Ein Insolvenzregime mit zeitweiliger Euro-Austrittsoption zur Sanierung maroder Staaten wäre ein sinnvoller Ausweg aus der Krise, wo nicht die Steuerzahler anderer Länder zur Kasse gebeten werden müssten, meint Sinn. Ein Gebäude mit nur einem Eingang - ohne Ausgang, sei ein Gefängnis. Das gemeinsame Europa der Vielfalt müsse „atmen“ können, dann habe es auch Zukunft und Bestand.

Hans-Werner Sinn, Der Euro, Hanser 2015, 560 Seiten.

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