Der Wert der Freundschaft

"Ein treuer Freund ist besser als Gold, ein Heilmittel für jedes Unglück, ein einzigartiges Gut.", so der englische Schriftsteller Robert Burton (1577-1640). Die "Philia" bei Platon ist eine Form der Liebe, die im Allgemeinen das bedeutet, was wir heute unter "Freundschaft" verstehen. Philia war für Aristoteles ein großes, reines Gut, ohne das niemand würde leben wollen - ganz egal, was er sonst sein eigen nenne. Doch die aristotelische Tradition, die so einflussreich war, dass sie noch heute das herrschende, selten hinterfragte Bild der Freundschaft dominiert, berücksichtigt die dunklen, schmerzlichen und destruktiven Seiten der Freundschaft nicht. Wir vergessen häufig dabei, wie weh es tut, wenn eine Freundschaft zerbricht. Wir übersehen oftmals auch, dass es nicht selten gerade die guten Freundschaften sind, die uns dazu verleiten, in moralischer Hinsicht nicht immer das Richtige zu tun - weil wir etwa die Treue zu unserem Freund über unsere Pflicht anderen gegenüber stellen. Wie unsere Freunde sich zudem in Gesellschaft verhalten, kann uns Anlass geben, sie "weniger zu mögen". Plötzlich werden wir Zügen an ihnen gewahr, die nicht zutage traten, wenn sie mit uns allein sind, weil es dazu keinen Grund gibt.  Wenn jede Freundschaft jeweils andere Aspekte unseres Selbst hervorbringt, dann müssen wir uns fragen, was sich da jeweils unterscheidet. Was ist es denn, was unsere Freunde an uns lieben und was wir unser "Selbst" nennen? Wenn wir die Doppelgesichtigkeit der Freundschaft untersuchen, werden wir nicht nur ein realistisches Bild von ihr selbst gewinnen, sondern sehen uns plötzlich mit einigen der wichtigsten Fragen des Lebens konfrontiert. 

Alexander Nehmas, Professor für Philosophie und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Princeton University sowie Fellow der American Academy of Arts & Sciences, führt in seinem nahegehenden und sehr persönlich geschriebenen Buch gekonnt durch die Welt der Ideen und Vorstellungen der Philosophie von Aristoteles über Montaigne und Nietzsche bis zu Jacques Derrida. Zudem untersucht er das Wesen der Freundschaft an Hand von zahlreichen Beispielen aus Literatur und Drama, bildender Kunst und Film. 

Dabei stellt sich heraus, dass sowohl Philosophie als auch Kunst unsere Wertschätzung der Freundschaft vertiefen. Doch verweisen sie auch auf Merkmale, die bisher noch nicht in ausreichendem Maße analysiert wurden. Letztlich aber ist trotz der Gefahren und Enttäuschungen, welche die Freundschaft auch mit sich bringen kann, etwas ganz Großartiges, das mit Herzenswärme und -güte zu tun hat - über alle Schattenseiten hinweg. 

Durch ein integratives Verständnis der Licht- und Schattenseiten der Freundschaft erhalten wir ein tieferes Verständnis über deren Wesen, da unsere Freundschaften uns zu dem werden lassen, was wir sind. Dies führt uns zu einem tieferen Einblick in unser Selbst. Dies ist ein ganz besonderes Gut. 

 

Alexander Nehmas, Über Freundschaft,  DTV 2017, 288 Seiten.

Bewertung: *****

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