Der Erste Weltkrieg

 Mehr als hundert Jahre nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges häufen sich die Bücher über die oft als „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ bezeichneten dunklen Ereignisse. Es war eine transnational und total geführte militärische Auseinandersetzung zwischen Nationalstaaten, ja ganzen Imperien. Der Weltkrieg lässt sich auch als negative Konsequenz zur rasanten industrialisierten Globalisierung seit dem 19. Jahrhundert verstehen. Soldaten, Arbeiter, Lebensmittel und Rohstoffe kamen aus Kolonien und Dominions, was Gesellschaften und Ökonomien der betroffenen Regionen völlig veränderten. In dieser „Totalität“ verschwindet die Grenze zwischen Militär und Zivilbevölkerung, zwischen Front und Heimat. Weltweit sterben zwischen 1914 und 1918 nahezu 9 Millionen Soldaten. Hinzu kommen bis zu 6 Millionen Zivilisten, die mittelbar durch die Kämpfe sterben, bei Vertreibungen ums Leben kommen, von Epidemien hingerafft werden oder verhungern.

Zwei Neuerscheinungen  zum Thema seien hier nachträglich herausgenommen und in den näheren Fokus genommen:

Eine Reihe von SPIEGEL-Journalisten und renommierten Historikern wagen in ihrer umfassenden Einführung in die Geschichte des Ersten Weltkrieges jenseits alter Feindbilder und Mythen einen gesamteuropäischen Blick und suchen nach multikausalen Erklärungen. Sie kommen in diesem gut recherchierten SPIEGEL-Buch zum Schluss, dass es letztlich einen Alleinschuldigen an diesem Krieg nicht gab. Das Ende dreier Imperien, Österreich-Ungarn, das Osmanische Reich und das Zarenreich, ließ ein Vakuum entstehen, in das ein ehemaliger Meldegänger des Ersten Weltkrieges, Adolf Hitler, mit seinem „Projekt des imperialen Größenwahns“ stieß. Den Autoren gelingt es gut, die Konfliktlinien herauszuarbeiten, die etwa mit alten Ängsten vor deutscher Hegemonie in Europa bis in die Gegenwart reichen.

Das Werk des deutschen Historikers Tillmann Bendikowski mit dem Titel „Sommer 1914“ schildert auf sehr aufrüttelnde Weise anhand von fünf Zeitzeugen aus unterschiedlichen Schichten und Milieus die speziell deutsche Sicht auf den Beginn des Ersten Weltkriegs: Kaiser Wilhelm II., ein frankophiler Historiker und Universitätsprofessor, ein junger Aktivist der Arbeiterbewegung, eine protestantische Lehrerin und ein deutsch-elsässischer Lyriker. Mit Ausnahme des deutschen Kaisers haben alle Tagebücher geführt. Ihre Aufzeichnungen erlauben uns heute einen weitgehend ungefilterten Einblick in ihre Erwartungen, Hoffnungen, Gefühle – zwischen Begeisterung und Angst. Das wilhelminische Deutschland und sein meist forsch auftretender Kaiser mit seinem Faible für Uniformen haben sicher an der Entstehung und Ausweitung des Konflikts eine erhebliche Mitschuld, erklärt Bendikowski. Zudem bot der Weltkrieg den deutschen Militärs darüber hinaus eine willkommene Chance, endlich die lang gehegten Eroberungswünsche und –pläne in die Tat umzusetzen. Die Chance zum Krieg wird von ihnen gern wie ebenso erschreckend ahnungslos ergriffen. Doch waren alle Deutschen vorbehaltlos für den Krieg? Hurra-Patriotismus und Protest, Aufbruchsstimmung und Zukunftsangst lagen dicht beieinander.

Fazit: Bis zum Kriegsbeginn gab es offene Kritik, und im Sommer 1914 wäre Widerspruch angebracht gewesen, bei den Militärs, in den Parteien und auch bei den Kirchen. Er wurde nicht laut. „Es war ein institutionelles moralisches Versagen“.

 

Annette Grossbongardt, Uwe Klussmann, Joachim Mohr (Hg.), Der Erste Weltkrieg- Die Geschichte einer Katastrophe, DVA 2014, 304 Seiten, 20,60 EUR.

 

Tillmann Bendikowski, Sommer 1914 – Zwischen Begeisterung und Angst – Wie Deutsche den Kriegsbeginn erlebten, C. Bertelsmann 2014, 464 Seiten, 20,60 EUR.

 

Bewertung: ****

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